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Liebe Leserin, lieber Leser,
Fußballtrainer gehören zu den eitleren Zeitgenossen, aber Ralph Hasenhüttl ist als solcher noch nicht unbedingt aufgefallen. Sein einstiger Chef beim FC Ingolstadt, Peter Jackwerth, hat einmal die Anekdote erzählt, als er den sonst ziemlich selbstbewussten Hasenhüttl zum ersten und einzigen Mal zweifeln sah: Es war am Abend vor dessen erstem Spiel als Trainer in Ingolstadt. Hasenhüttl, sagte Jackwerth, habe Rat gesucht, ob er Trainingsanzug oder Jackett an der Seitenlinie tragen sollte. Er entschied sich, im Stil von Jürgen Klopp, für eine Trainingsjacke und eine Kappe.

Deshalb war das Bild an diesem Samstag eher ungewohnt. Beim Auswärtsspiel in Bremen trug Hasenhüttl, inzwischen bekanntlich Trainer von RB Leipzig, einen Trenchcoat, der ein wenig an die Figur des Inspektor Columbo erinnerte. Die Mängel seiner in den vergangenen Wochen schwächelnden Elf hatte der Trainer aber offenbar falsch ermittelt. Hasenhüttl, seinem System sonst so treu wie seinem sportlichen Outfit, hatte von einer Vierer- auf eine Dreier-Abwehrkette umgestellt. Es funktionierte nicht, Bremen nutzte die Lücken aus, auch die Rückbesinnung auf vier Verteidiger half nicht weiter.

Während die Leipziger in der Rückrunde ihre Form suchen, haben die Bremer sie wiedergefunden. Die Lösung war eigentlich eine ziemlich naheliegende, wie mein Kollege Ralf Wiegand beschreibt, der für die SZ im Weserstadion war: Der Ausfall von Gnabry und Kruse führte zu einer bisher nicht gesehenen Kompaktheit der Bremer, die ohne die beiden Alleingänger im Sturm viel geduldiger nach der besten Idee suchten und nicht nach der erstbesten. "Individualität hilft", sagte Zlatko Junuzovic, "aber wichtiger ist, dass du als Mannschaft funktionierst." Und so feierte das Bremer Publikum den Sieg derart befreit und fröhlich wie seit Jahren keinen Erfolg mehr im notorischen Überlebenskampf in der Bundesliga.

Weil mit den Bremern auch die Hamburger, Wolfsburger, Gladbacher in der Rückrunde erstarkt sind, ist der Abstiegskampf so spannend wie lange nicht mehr, weil irgendwie alle mitmachen. Wobei: Ob es wirklich ein Abstiegskampf ist, haben wir in der Redaktion heute diskutiert. Die Mehrheitsmeinung: Kein Anwärter auf Platz drei in der zweiten Liga ist stark genug, dass ein Bundesligist (außer Ingolstadt und Darmstadt auf den Rängen 17 und 18) das Relegationsspiel verlieren würde.

Apropos Relegation: Im Eishockey fallen an diesem Wochenende nach dem Halbfinal-Einzug des EHC München in den DEL-Playoffs wahrscheinlich die nächsten Entscheidungen. In der aktuellen Ausgabe „Sport am Wochenende" beschäftigt sich SZ-Eishockey-Experte Christian Bernhard mit den Problemen der Kölner Haie, denen gegen Wolfsburg das Aus droht. Außerdem in dieser Ausgabe: Radsport, Handball, Wintersport.

Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen der aktuellen Ausgabe und einen schönen Sonntag.

Sebastian Fischer, SZ-Sportredaktion
Der Spieltag
DIE LAGE DER LIGA. Neun Spieltage vor Saisonende kämpfen so gut wie alle Mannschaften, die keine Ambitionen auf einen Europapokalplatz anmelden, gegen den Abstieg. Der Grund ist mangelnde Konstanz - im Guten wie im Schlechten. Der Kommentar: "Die europäische Lösung".

BREMEN
LEIPZIG 3:0. Obwohl die Offensivkräfte Serge Gnabry und Max Kruse fehlen, nimmt Werder Bremen den Zweiten RB Leipzig auseinander, bemerkt Ralf Wiegand. Die Zuschauer feiern die Mannschaft wie seit Jahren nicht mehr. Erstmals spielt das Team von Ralph Hasenhüttl mit einer Dreierkette, der Versuch misslingt. Auch weil Leipzig seinen Organisator vermisst.

WOLFSBURG
DARMSTADT 1:0. Mit seinem Gesicht erzielt Wolfsburgs Gomez den goldenen Treffer gegen Darmstadt, es ist sein zwölfter unter dem Trainer Andries Jonker, notiert Javier Cáceres.

DORTMUND
INGOLSTADT 1:0. Beim FC Ingolstadt sind sie sich einig, dass die Qualität der Mannschaft für die erste Liga reichen muss. Doch das Team nutzt seine Chancen nicht, analysiert Ulrich Hartmann. Nun ist der Rückstand auf den Relegationsplatz schier uneinholbar. Der BVB blamiert sich gegen den Abstiegskandidaten - und gewinnt nur mit viel Glück mit 1:0. Für Trainer Thomas Tuchel ist das aber: "herrlich".

FRANKFURT – HAMBURG 0:0. Der HSV sieht sich gleichzeitig im Glück und benachteiligt - und freut sich über einen Punkt, der noch wichtig werden kann, bemerkt Johannes Aumüller.

KÖLN – HERTHA 4:2. Dank effektiver Chancenverwertung und dreier Tore von Anthony Modeste gewinnt der FC gegen Hertha BSC - und nähert sich dem Europapokal. Trainer Peter Stöger? Bleibt weiter erstaunlich cool, beobachtet Milan Pavlovic.

AUGSBURG
FREIBURG 1:1. Beim Remis zwischen dem FC Augsburg und dem SC Freiburg handelt es sich nur phasenweise um ein Fußballspiel, notiert Maik Rosner. Nach dem "Ringkampf in der Steppe" beklagt der abstiegsbedrohte FCA gleich vier weitere angeschlagene Akteure.
  

HOFFENHEIM
LEVERKUSEN 1:0. Leverkusen droht sein Minimalziel zu verfehlen. Sportdirektor Rudi Völler hadert: "Die Tabelle lügt nicht." Nun braucht er ein "Fernglas für Europa", analysiert Tobias Schächter.

DIE SONNTAGSSPIELE. Joshua Kimmich, einst Liebling von Pep Guardiola, ist unter Carlo Ancelotti nur noch Ersatz. Vor dem Auftritt seines FC Bayern bei Borussia Mönchengladbach (17.30 Uhr) stellt Martin Schneider die Frage: Was wird aus dem Nationalspieler? Zuvor tritt der FC Schalke 04 in Mainz an (15.30 Uhr). Mit dabei: Daniel Caligiuri, den die Schalker anfangs kritisch beäugten. Er hat sich jedoch schnell als Stütze in der Offensive etabliert, analysiert Philipp Selldorf. Weil er auch als 29-Jähriger noch von seinem Lehrmeister profitiert.
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Was noch im Fußball geschah
DER FC EVERTON IN DER PREMIER LEAGUE: Der FC Everton wollte immer "best of the rest" sein. Ausgerechnet in einem Jahr, das mit dem neuen Trainer Ronald Koeman für Aufbruch stehen sollte, merken sie beim Traditionsklub gerade: Das reicht nicht mehr. Sven Haist über "leidende Melancholiker".

VFB STUTTGART IN DER ZWEITEN LIGA: Nach der verdienten Niederlage in Fürth hat VfB-Trainer Hannes Wolf keine Lust mehr auf Komplimente. Dem am stärksten besetzten Team der zweiten Liga fehlen derzeit die dort bewährten Tugenden. Er befindet sich "in der Großkreutz-Delle", bemerkt Christoph Ruf.
Was noch im Sport geschah
EISHOCKEY: Die Kölner Haie stoppen ihre Niederlagenserie und erzwingen Spiel sechs gegen die Grizzlys Wolfsburg im Playoff-Viertelfinale. Die Unruhe um Angreifer Patrick Hager beenden sie aber nicht, bemerkt Christian Bernhard.

RADSPORT: Den Sieg hatte sich John Degenkolb beim Frühjahrsklassiker Mailand - San Remo vorgenommen. Beim Erfolg des Polen Michail Kwiatkowski beendet er das Rennen als Siebter. Max Ferstl über Degenkolbs "gefühlte Titelverteidigung".

HANDBALL: Dem neuen Bundestrainer Andreas Prokop missglückt das Debüt, weil die Spieler erst in der zweiten Hälfte mit "Emotion" spielen. Er hat jedoch die Chance auf eine schnelle Revanche. "Jugendstil in Göteborg".
Schlusspfiff
„Man sagt ja, alles gleiche sich aus. Wenn sich wirklich alles ausgleicht, haben wir noch neun grandiose Spiele vor uns."  — Trainer Maik Walpurgis vom FC Ingolstadt über die Leistungen der Schiedsrichter in den vergangenen Wochen.

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