Sollte der Newsletter nicht angezeigt werden, klicken Sie bitte hier. | | | | | | | | Liebe Leserin, lieber Leser, | hat der Fußball eigentlich noch eine gesellschaftliche Relevanz, wenn ihn die handelnden Personen nur noch wie ein Geschäft mit dem Ziel der Gewinnmaximierung betreiben? Um diese Frage ging es am Freitag im Gespräch im Bekanntenkreis, und natürlich musste ich da als Sportjournalist die „Ja"-Position vertreten. War aber gar nicht so einfach in einer Woche, in der die Folgen des Neymar-Transfers in der Bundesliga sichtbar wurden und der Dortmunder Ousmane Dembélé seine Freigabe für den FC Barcelona mit Abwesenheit beim Training beschleunigen (manche würden sagen: erpressen) wollte. Im Gespräch wurde es auf der Lösungssuche grundsätzlicher: Hat der Sport noch Relevanz? Die Leichtathletik zum Beispiel, wo man den Medaillengewinnern bei der Weltmeisterschaft manchmal nur mit Wohlwollen glauben kann, dass sie mit Doping noch nie in Berührung gekommen sind? Wo der Weltmeister über 100 Meter zwei Doping-Sperren hinter sich hat? Ist das nur stumpfe Unterhaltung und Körperkult? Und, warum eigentlich, braucht es da eine staatliche Sportförderung, die der Hürdensprinter Matthias Bühler unter der Woche als unzureichend kritisiert hatte? Gottseidank lief dann Gesa Felicitas Krause über 3000 Meter Hindernis. Es war ein ziemlich unerfreuliches Rennen für die Europameisterin von 2016: Sie stürzte, bekam im Feld einen Schlag auf den Kopf, im Getümmel trat ihr eine Konkurrentin auf den Knöchel, ihre zuvor als sehr gut bewertete Chance auf eine Medaille war dahin, „dizzy", beschrieb sie, lief sie danach weiter – und dachte ans Aufgeben. Doch dann lief sie weiter und weiter und weiter und lieferte damit alle notwendigen Argumente für die Werte, die der Sport vermitteln kann; die ihn selbstverständlich relevant machen. "Ich trainiere nicht das ganze Jahr, um hier das Rennen nach so kurzer Zeit zu beenden", sagte sie später, ihr Sportsgeist war stärker als der Frust und die Schmerzen. Fast 50 Meter lagen zwischen ihr und der vorletzten Läuferin, doch sie kämpfte sich heran und wurde Neunte. Und anstatt hinterher auf ihre Konkurrentinnen zu schimpfen, die ihren Sturz verschuldeten, blieb Krause fair. Sie sagte: "Sie ist selbst hängengeblieben und war am Ende nur Vierte, als Weltjahresbeste. Sie ist damit sicher auch nicht so zufrieden." Es braucht nicht immer Medaillen, um ein großer Sportler zu sein, beschreibt meine Kollegin Saskia Aleythe aus London. Falls Ihnen das Beispiel Krause nicht zur Argumentation reicht, würde ich Ihnen zur Ausstattung für jede Feierabend- oder Mittagspausen-Diskussion sehr gerne den Kommentar meines Kollegen Johannes Knuth zur Debatte um die Sportförderung in Deutschland empfehlen. Er schreibt: „Man kann sich tatsächlich fragen, warum der Staat noch mehr Bundesolympioniken anstellen sollte, zu Land, Wasser und Schnee. Was bringt es der Nation, wenn ein Hürdenläufer eine Zehntel schneller rennt, in ein WM-Finale vordringt? Nun, er könnte später erzählen, wie er den Weg in den Erfolg fand, trotz Widerständen und Rückschlägen, dass in seinem Verein wieder Kinder trainieren, weil sie Spaß an der Bewegung haben, anstatt in ihre Schlautelefone zu starren. Kaum ein Sport schult motorische Fertigkeiten so umfassend wie die Leichtathletik. Wenn die Leichtathletik ihre Vielfalt mit ihrer gesellschaftspolitischen Kraft paart, sind sie und ihre Sportler ein Kulturgut, förderungswürdig wie ein staatliches Orchester." Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen unserer Texte zur Leichtathletik, zum dramatischen Samstag in London, an dem Pamela Dutkiewicz über 110 Meter Hürden Bronze gewann, Rico Freimuth im Zehnkampf Silber und Johannes Vetter im Speerwerfen Gold. Und an dem Usain Bolt abtrat, mit einer Verletzung auf der Zielgeraden in seinem letzten Rennen. Sebastian Fischer, SZ-Sportredaktion | | | | | | Leichtathletik-Weltmeisterschaften in London | NEUE HELDEN: Der Südafrikaner Wayde van Niekerk wird als Nachfolger des Spaßsprinters gehandelt. Dabei ist der 25-Jährige der Gegenentwurf zum Jamaikaner: zurückhaltend und ab und zu auch: schlagbar. Joachim Mölter stellt ihn vor. Der Norweger Karsten Warholm lässt sich auf dem Weg zum Titel auch von Regen und Kälte nicht stoppen. Dann sagt er: "Ich bin jung, ich bin dumm" - und jetzt auch noch Weltmeister. Und: Ramil Gulijew, der einst für Aserbaidschan startete, überrascht alle Favoriten über 200 Meter. ALTER HELD: Am Samstagabend lief Usain Bolt das letzte Rennen seiner Karriere - und schied auf der Zielgeraden der 4x100-Meter-Staffel verletzt aus. Eine Annäherung an einen Athleten, der seinen Sport gewaltig geprägt hat, auch wenn Zweifel an seinen Leistungen bleiben. DIE DEUTSCHEN SPEERWERFER: Johannes Vetter, der Mann mit dem Bauchplatscher, gewinnt im deutschen Finale der WM die Goldmedaille: "Einen rausgeballert". DIE DEUTSCHEN ZEHNKÄMPFER: Die Zehnkämpfer Rico Freimuth und Kai Kazmirek holen Silber und Bronze. Von der Favoritenrolle wollten sie nichts wissen - und der Franzose Kevin Mayer ist am Ende zu stark. Joachim Mölter beschreibt: "Solide glänzen". GESA FELICITAS KRAUSE: Die Hürdenläuferin wird im WM-Finale über 3000 Meter Hindernis früh in einen Sturz verwickelt und kommt als Neunte ins Ziel. Trotz tiefer Enttäuschung zeigt sie sich als große Sportlerin. SPORTFÖRDERUNG IN DEUTSCHLAND: Die Kritik, die der deutsche Hürdenläufer Matthias Bühler bei der WM an der deutschen Sportförderung äußerte, war wichtig. Weil sie die Frage aufwirft, welche Sportler sich ein Staat eigentlich leisten sollte - und warum. Johannes Knuth kommentiert: "Helden und Heulsusen". | | | | | | | Der ganze Sport am Wochenende | | | | | | | | | | | Alles zur Leichtathletik-WM in London, alles zur ersten Runde im DFB-Pokal, dazu internationaler Fußball und US-Sport. Die digitale Ausgabe "Sport am Wochenende" erscheint samstags ab 22 Uhr für alle SZ-Plus-Abonnenten. Jetzt lesen oder kostenlosen Testzugang sichern. | | | | | | | | Die erste Runde im DFB-Pokal | | | | | | | | | | Diesen Newsletter empfehlen: | | | | | | | | | |