| Sollte der Newsletter nicht korrekt angezeigt werden, klicken Sie bitte hier | | | | | | Große Dimensionen: Der Ryder-Cup in Paris | | | | Liebe Leserin, lieber Leser,
Golf ist eine Sportart, die gerne Klischees bedient. Manche sind längst überholt. So gibt es unzählige Möglichkeiten, günstig und ohne zu große Hürden einfach mal den Schläger zu schwingen in Clubs und offen zugänglichen Anlagen. Golf ist auch nicht immer ein Schnöselsport, in Stadt-nahen Anlagen etwa ist es nicht erforderlich, akkurat wie ein Masters-Champion gekleidet zu sein. Andererseits: Manchmal ist Golf doch ein Schnöselsport, etwa, wenn in Clubs die Greenfees, die Gast-Gebühren für eine Runde, exorbitant hoch sind. Wenn Besucher nur widerwillig geduldet werden. Wenn ältere Herren sich gegenüber der Jugend als Platzhirsche aufführen. Wenn Altherrenwitze gepflegt werden.
Sie merken schon: Mit Golf ist das nicht so einfach, und schon gar nicht Deutschland, das keines der traditionellen Golfländer ist wie die USA, England oder Australien. Selbst in Schweden wirkt vieles leichter, unbeschwerter. Und genau deshalb war auch der Deutsche Golf-Verband zweimal so erpicht darauf, etwas zu tun, um das eigene Image seines Sports - ob begründet oder nicht - zu verbessern. Den Ryder Cup wollte der DGV 2018 und 2022 ausrichten, man verlor beide Male krachend. In vier Jahren wird Rom der Ausrichter sein dürfen, und seit Freitag bis Sonntag führt gerade die Anlage Le Golf National im Westen von Paris vor, was dem deutschen Golf entgangen ist: eine emotionale Sportveranstaltung, die in der Summe wenig mit der sonstigen Golfwelt zu tun hat. Es ist herrlich und aufregend.
Zwölf Europäer und zwölf Amerikaner stehen sich im Ryder Cup gegenüber, was insofern schon eine Besonderheit ist, weil sonst im Golf der Einzelne stets für sich allein spielt und von Turnier zu Turnier reist. Plötzlich aber geht es um Teamgeist, um Zusammenhalt, um Verantwortung für andere. Für die Mannschaft, für die Nation, für den Kontinent. Das sind große Dimensionen, die die Spieler wiederum kleiner machen. Sie werden zu einem Teil eines übergeordneten Ziels, und so hat sich ein Gefühl entwickelt, das gerade in diesen Zeiten, in der Gesellschaft, in der Politik, immer mehr gefährdet ist: das Wir-Gefühl.
Der Ryder Cup ist so gesehen ein Anti-Schnösel-Cup. Die Teams bekämpfen sich erbittert, die Fans können manchmal rüde werden, aber bislang haben sich alle immer wieder auf das verbindende Element dieser Veranstaltung zurückbesonnen. Selbst nach fast kriegerischen Duellen wie der „Schlacht von Brookline“ im Jahre 1999, bei der einiges ausartete. Der Ryder Cup ist, dank seines Modus, dank seines straffen Programms, wie ein permanent stattfindendes Elfmeterschießen, Entscheidung auf Entscheidung folgt. Das Event wurde, obwohl ein Millionen-Geschäft, bis heute nicht weiter ausgedehnt, sondern es dauert schlanke drei Tage. Aber die haben es in sich. Jedes der 28 Matches wirkt wie ein Rockkonzert für sich, viele Anhänger verkleiden sich, Betuchte stehen neben Betrunkenen, und die Promi-Dichte ist so hoch wie beim Tennis in Wimbledon oder beim Formel-1-Rennen in Monte Carlo: globale A-Liga. In Paris lief wie selbstverständlich Samuel L. Jackson umher, auch die Basketball-Legende Michael Jordan ließ sich einfliegen im Jet. Und die ehemalige US-amerikanische Außenministerin Condoleezza Rice pilgerte im Tross von Tiger Woods mit und legte sich wie selbstverständlich flach ins Gras, wenn der mit ihr befreundete Profi die Bälle schlug, um die Sicht für die hinter ihr stehenden Fans nicht zu behindern.
Es ist gut möglich, dass es noch hitzig werden wird bis zum letzten Einzel. Der Ryder Cup wird eben auch wie ein Boxkampf geführt, es geht ja um viel Ehre, Schlag auf Schlag wird daher gehofft, den Knock-out zu setzen. Nur um sich dann doch wieder zu umarmen. Der Ryder Cup ist Golf, aber mit anderen Mitteln. Er ist die Seele seines Sports. Und von dieser Seele bräuchte diese Disziplin mehr. Auch in Deutschland. Irgendwann sollte es eine Bewerbung für die Ausrichtung wieder geben. Aber die sollte dann sitzen. Eine größere Chance, um sich von Klischees zu lösen, gibt es nicht.
Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen dieser Ausgabe und einen schönen Sonntag.
Gerald Kleffmann, SZ-Sportredaktion | | | | | | | SECHSTER BUNDESLIGA-SPIELTAG | Dortmund furios, Stuttgart kurios | | | | | | | | | | Die EM 2024 in Deutschland | | | | |
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